Sagen, was ist

Es klingt doch ganz ein­fach: sagen, was ist. Glaubt nicht jeder, dass er sieht und hört, was ist und das auch sagt?

Lei­der ist es so sim­pel nicht und bei­lei­be nicht erst bei The­men aus Poli­tik, Wirt­schaft, Kul­tur oder Wis­sen­schaft. Jeder Mensch hat sei­ne eige­ne Wahr­neh­mung der Welt, sei­ne eige­nen Land­kar­ten von der Welt, mit denen er​ ​das sor­tiert, was er wahr­nimmt. Das beginnt mit den Sin­nen, die uns die mensch­li­che Natur zur Ver­fü­gung stellt, die aber nicht bei allen gleich aus­ge­prägt sind. Men­schen, die nicht sehen oder hören kön­nen, haben eine eige­ne Art der Wahr­neh­mung ihrer Welt.

Dann hat jeder Mensch einen bevor­zug­ten Sin­nes­ka­nal: wir unter­schei­den visu­el­le, audi­tive, kin­äs­the­ti­sche, olfak­to­ri­sche und gusta­to­ri­sche. Auf gut deutsch: sehend, hörend, füh­lend, rie­chend, schme­ckend. Natür­lich sind bei den meis­ten Men­schen alle Sin­ne ange­legt, und doch bevor­zu­gen wir alle unbe­wusst meist einen Kanal.
Wesent­lich ist unse­re Wahr­neh­mung abhän­gig von dem, was wir als Erfah­rungs­schatz gespei­chert haben. Das, was wir wie­der­erken­nen, neh­men wir anders wahr, als das, was für uns neu und fremd ist. Wir ord­nen es schnel­ler ein, gren­zen aber auch Unbe­kann­tes ab.

Und nicht zuletzt wer­den wir oft unbe­wusst abge­lenkt: Bekannt sind die Expe­ri­men­te, in denen Men­schen ein wei­ßes Blatt Papier mit einem schwar­zen Punkt dar­auf beschrei­ben soll­ten. Obwohl die wei­ße Flä­che mehr als 99% aus­macht, beschrei­ben die Pro­ban­den fast aus­schließ­lich den klei­nen schwar­zen Fleck und nicht die rie­si­ge sicht­ba­re Umge­bung. Oder neh­men wir das berühm­te Video, auf dem zwei Mann­schaf­ten Bas­ket­ball spie­len und die Betrach­ter die Ball­wech­sel zäh­len sol­len. Nach dem Spiel ist nahe­zu nie­man­dem der als Affe ver­klei­de­te Mensch auf­ge­fal­len, der wäh­rend des Spiels lang­sam über das Spiel­feld gelau­fen ist.

Was zeigt das? Unser Den­ken und Han­deln wird wesent­lich von unse­rer Wahr­neh­mung der Welt bestimmt, und die­se steckt vol­ler unbe­wuss­ter Fil­ter. Da die­se immer indi­vi­du­ell sind, miss­trau­en wir dem Pri­mat der Objek­ti­vi­tät. Eine gewis­se Häu­fung glei­cher Wahr­neh­mun­gen spricht für eine objek­ti­ve Ten­denz. Und wenn eine gro­ße Anzahl Men­schen das­sel­be wahr­nimmt, wird das zur Rea­li­tät. Ergän­zen wir dann noch Wer­te und Glau­bens­sät­ze, Para­dig­men und Erfah­run­gen, dann wird klar, dass es die eine unum­stöß­li­che Wahr­heit wohl nie geben wird. Das wei­te­re Nach­den­ken dar­über wol­len wir Phi­lo­so­phen und Theo­lo­gen über­las­sen.

Für unse­re Arbeit heißt das: Fin­den wir her­aus, was Men­schen antreibt, wie sie ihre Welt sehen, was das für die bedeu­tet. Und hüten wir als Coa­ches uns davor, unse­re Sicht der Welt für ver­bind­lich oder all­ge­mein­gül­tig zu hal­ten.